Ein neues Zuhause für eine alte Steindruckpresse
Im Rahmen unseres Besuches des heurigen „Open House” an der Kunst VHS machte mich Prof. Krzywobłocki auf eine im Lithographie-Studio befindliche Steindruckpresse der Marke Moessmer aufmerksam. Da die etwa 250 Jahre alte und noch von Hand zu betreibende Presse im derzeitigen Zustand nicht funktionstüchtig ist, kommt sie für den Unterrichtseinsatz an der Kunst VHS nicht mehr in Frage. Die Maschine hat daher in den ohnehin recht engen Räumlichkeiten wertvollen Platz weggenommen.
Da ich mich unter anderem leidenschaftlich mit (historischen) Druckverfahren beschäftige, und mir die Weitergabe verlegerischen und drucktechnischen Wissens sehr am Herzen liegt, hat mir Frau Mag. Reif, die Direktorin der Kunst VHS, erlaubt, mich an zuständige Institutionen zu richten, um die aus historischer Sicht sicher interessante Steindruckpresse nach Möglichkeit einer sinnvollen Weiternutzung zuzuführen.
Die Lithographie ist, das sei am Rande erwähnt, am Ende des 18. Jahrhunderts erfunden worden und war bis etwa 1910 ein recht häufig verwendetes Druckverfahren. Heute findet die Lithographie nur mehr im künstlerischen Bereich Anwendung, weil das Verfahren relativ aufwendig und teuer ist und zudem nur kleinste Auflagen ermöglicht. So hat etwa Salvador Dalí die alte Technik zu neuem Leben erweckte. Wer sehen möchte, wie eine Lithographie entsteht, möge sich dieses Video ansehen:
Nun, nachdem das Technische Museum und andere Institutionen in Wien eine Übernahme der altehrwürdigen „Josefstädterin“ umgehend abgelehnt hat, habe ich spezialisierte Museen in den Bundesländern kontaktiert, darunter das Schrift- und Heimatmuseum Bartlhaus im oberösterreichischen Pettenbach, das im Jahr 2006 um ein Druckereimuseum erweitert worden ist. Dort hat sich der für den Druckbereich zuständige Administrator Hubert Rittberger sofort interessiert gezeigt und so ist die Steindruckpresse heute – sozusagen rechtzeitig zum 10-jährigen Jubiläum des Druckereibereiches im Museum – von Wien nach Oberösterreich übersiedelt, wo sie bestimmt eine schöne neue Heimstätte erwartet. So hat Wien in seiner Arroganz und Borniertheit wieder einmal ein Stück seiner Geschichte verloren.
Ich freue mich sehr, dass der Abbau der Maschine und Abtransport dank des Engagements des Mechanikerteams aus Pettenbach unter kräftiger Unterstützung von Peter Cserko, dem Haustechniker der Kunst-VHS, reibungslos geklappt hat. Nach dem Wiederaufbau der Maschine vor Ort werde ich Gelegenheit bekommen, die Steindruckpresse erneut zu besichtigen, und ich werde danach gerne wieder berichten. Das Schrift- und Heimatmuseum Bartlhaus beheimatet übrigens nicht nur alte Druckmaschinen, sondern auch die Lebenswerke der Schriftenkünstler Leopold Feichtinger und Prof. Friedrich Neugebauer. Außerdem sind dort verschiedenste Exlibris, Spruchkarten und andere Dokumente ausgestellt. Regelmäßige Schrift- und Kalligraphiekurse sowie eine Druckwerkstatt sind eine wertvolle Ergänzung des Museumsangebotes, denn praktisches Tun stellt einen historischen Bezug zur Erfindung der Druckkunst sicherlich am eindrucksvollsten her.